Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Marten Kantus: Necessary Music (Review)

Artist:

Marten Kantus

Marten Kantus: Necessary Music
Album:

Necessary Music

Medium: CD/Download
Stil:

Multiinstrumentale, epische Klangsymphonie

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 45:10
Erschienen: 01.03.2014
Website: [Link]

Eins sollte vorab laut und deutlich gesagt werden:
„MARTEN KANTUS gehört längst zu der ganz großen Garde der außergewöhnlichen Multiinstrumentalisten mit leidenschaftlichem Hang zum Perfektionismus, der instrumentale Musik-Epen hervorbringt, welche weltweit ihresgleichen suchen. MIKE OLDFIELD hat diesbezüglich mit 'Tubular Bells' den Anfang gemacht und nur wenigen gelang es, sich auf die riesige Stufe zu begeben, die Oldfield damit erklommen hatte. MARTEN KANTUS ist einer der ganz Wenigen, denen mit viel Gefühl und Können dies gelingt und der mit 'Necessary Music' im direkten Vergleich zu Oldfields neusten Machwerk 'Man On The Rocks' diesen sogar um Längen überflügelt und wie eine traurige Mainstream-Pfeife aussehen lässt!“

Viele werden bereits beim ersten Hördurchgang von „Necessary Music“ aufatmen und, so wie ich, denken: „Endlich hat der Kantus wieder den Oldfield für sich entdeckt!“, während wohl auch einige etwas zu viele „Tubular Bells“ läuten hören, so wie beispielsweise mein geschätzter Kollege Jochen König, mit dem ich bereits in Zusammenarbeit die letzte Kantus-CD besprochen hatte.

Selten klang der Anfang eines Albums von MARTEN KANTUS wirklich dermaßen nach Oldfield, in diesem Falle ganz besonders „Tubular Bells“, wie „Necessary Music“. Ein paar Minuten später werden wir dann sogar noch auf eine weitere Oldfield-Reise mitgenommen, welche dann „Incantations“ heißt und in mir genau das Gefühl hinterlässt, welches ich beim ersten Hören der Oldfield-Meisterwerke hatte. Die Faszination eines Multiinstrumentalisten, der mich mit seiner Musik in einer Welt wunderbarer Klänge und ständiger Überraschungen versetzt, aus der ich nicht mehr hinaus will. Ein Klang-Kosmos, durch den ich schwerelos schwebe – nur getragen von den Tönen, die mich umgeben. Bei Oldfield war das neu, bei Kantus ist es die in Klänge gekleidete Erinnerung an diese Zeiten. Erinnerungen, die mich allerdings erneut wieder verzaubern wie vor über 30 Jahren. Ich bin älter geworden, die Musiker auch – doch die Musik von Kantus ist jung geblieben, während die von Oldfield nur noch austauschbar und beliebig geworden ist.

Es wäre jedoch ein riesiger Fehler, MARTEN KANTUS zu unterstellen, er kopiere einfach die besten Alben der Ära Oldfield. Das ist deutlich zu kurz gedacht, denn bereits die insgesamt 20 Instrumente, die auf „Necessary Music“ erklingen, sind nicht nur ungewöhnlich, sondern auch bei einem Oldfield nicht in Verwendung. Besonders das Vibraphon spielt hier eine wichtige Rolle und verleiht den beiden über 20 Minuten andauernden Mini-Symphonien eine jazzige Note, die mitunter auch in jüdischer Musiktradition steht. Durch Kalimba (traditionelles afrikanisches Musikinstrument = Lamellophon), Kantele (Griffbrettlose Kasten-Zither, die in Finnland, Estland und Karelien gespielt wird!) und Celesta (Ein im 18. Jahrhundert entwickeltes Idiophon mit der Tastatur eines Harmoniums, das vom Klang her einem Glockenspiel ähnelt!) erhält die Musik noch eine zusätzliche, sehr warm ertönende weltmusikalisch-folkloristische Ausstrahlung. Aber auch Rhumba-Rhythmen, breite Streichersätze und Orchesterklänge fehlen nicht. Das alles und noch viel mehr gibt es bereits auf dem ersten Stück „Rain Research“ während seiner fast 23minutigen Laufzeit zu bewundern.

„Soil Analysis“ dagegen entwickelt sich nach dem erneuten Oldfield-Gedenk-Beginn zu einer kleinen minimalistischen Symphonie, die selbst einem PHILIPP GLASS oder MICHAEL NYMAN zur Ehre gereichen würde. Wer in aller Ruhe diese „Unerlässliche Musik“ mehrmals bewusst hört, wird sich danach fragen, wie es nur möglich sein kann, dass ein dermaßen begnadeter, kompositorisch außergewöhnliche Wege beschreitender Multiinstrumentalist, der seine Musik auch noch völlig kostenlos über seine Website allen Interessierten als Download zur freien Verfügung stellt, noch immer fast unbeachtet sein Musikdasein fristet, während ein MIKE OLDFIELD uns massenhaft und Aufmerksamkeit heischend mit „Man On The Rocks“ die Ohren zukleistert und jegliche Grenzen des anspruchsvollen Musikgeschmacks längst hinter sich gelassen hat.

MARTEN KANUS selber bezeichnet die Musik seines neusten Albums als „eine Art 'Neue Sachlichkeit'“ und dass dieses Album „durch erregte Nüchternheit und durch eine Instrumentation, die alle Genregrenzen hinter sich lässt“ fesseln soll. Diese Absicht setzt er sehr geschickt um, indem er anfangs beide Titel im oldfieldschen Stil beginnt und diese immer weiter in andere, fast entgegengesetzte Richtungen entwickelt, in denen nicht mehr die Gitarre von besonderer Bedeutung ist, sondern eher für die moderne Rockmusik ungewohnte traditionelle Instrumente, die der Klassik oder Weltmusik zugeordnet werden. Die Kantus-Epen bergen grundsätzlich etwas Geheimnisvolles in sich, nämlich dass der Hörer im Verlauf dieser Musik nie weiß, wie das, was anfangs ganz anders begonnen hat, wohl irgendwann wiederum völlig anders enden wird. Überraschende Klangvielfalt lautet die oberste Regel und ungewöhnliche Wendungen, ausufernde Entwicklungsbögen und Verschachtelungen sind genauso selbstverständlich wie eine Melodik und Harmonik, die einen gefangen nimmt und sogar Elemente des Pop in sich beherbergt, ohne jemals wirklich poppig zu sein. Ganz große Kunst von einem ganz großen Musiker, der leider in der öffentlichen Wahrnehmung noch viel zu „klein“ ist!

FAZIT: Es gibt sie wirklich noch, die Musik, die uns früher so schwer beeindruckte und die der kreative Kopf Oldfield in ganzer Perfektion und völligem Alleingang verwirklichte. Nur dass der Mann, der genau die gleichen musikalischen Wege heute beschreitet, eben nicht mehr Oldfield heißt, sondern MARTEN KANTUS!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 8041x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Rain Research
  • Soil Analysis

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Welches Tier gibt Milch?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!